Gestrandet am Strand

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Nun ganz so ist es nicht. Aber der Reihe nach. Gestern hatten wir nur mit Mühe einen freien Campingplatz gefunden. Und auch nur einen Stellplatz ohne Strom (aber die Sanitären Anlagen waren dafür ausgezeichnet). Für heute war geplant Uppsala in Ruhe anzuschauen, gemütlich Richtung Nynäshamn zu fahren, und dann eine Fähre nach Gotland für morgen zu suchen.
Dann haben wir aber den stromlosen Abend genutzt um das ganze ein bisschen um zu planen. Nicht das Strom so wichtig wäre, im Grunde haben wir dadurch nur Licht und können evtl. Geräte aufladen. Sonst ist ja eigentlich nichts anders. Außer, und das ist der Punkt, den wir nicht ganz bedacht hatten, dass ohne Strom Raffael keine Druckluftversorgung für die Nacht hat. Das wiederum bedeutet, dass er eine weniger ruhige Nacht hat. Was aber nur für ihn doof ist, da ich mittlerweile sehr selig mit meinen Ohrstöpseln und der Schlafmaske bin. Mit den beiden Utensilien trete ich jede Nacht in eine andere Welt ein, und darf Ruhe und Dunkelheit genießen. Wobei mittlerweile die Nacht tatsächlich wieder dunkel wird. Bis vor ein Tagen war Nacht ja eher etwas aus ferner Vergangenheit. Dann gab es mal irgendwann ein zwei Stunden, in denen es nicht ganz so hell war. Letzte Nacht, die erste Nacht ohne Strom, war dann tatsächlich dunkel. Aber was macht man wenn man kein Licht hat? Genau, schlafen. Oder – wenn man gerade die Urlaubstaktik durchgeht – beschließt man eine nächtliche Elchpirsch. Das heißt zu dem Zeitpunkt war es eigentlich nur dämmerig, und es gab noch gute Sicht, und auf der Campingplatzkarte war am Rande ein Elch eingezeichnet. Also machten wir uns auf diesen zu suchen. Nach 45 Minuten pirschen durch den Wald, und Eintreten der tatsächlichen Dunkelheit, mussten wir dann doch einsehen, dass wir den Elch für heute abhaken sollten. Denn selbst wenn wir ihn finden würden könnten wir nicht mit Sicherheit sagen, ob es tatsächlich ein Elche wäre, oder ein Einhorn, oder ein Bär. Also stolperten wir zurück durch den finstren Wald Richtung Meeresrauschen und somit dem Campingplatz. Tja, und nach erfolgloser Elchpirsch, wurde dann wenigstens die Taktik der kommenden Tage organisiert.

Aus früherer Erfahrung wusste Raffael, dass Uppsala nicht unbedingt Tag füllend sein wird, und wir wahrscheinlich wegen mangelnder Nachtruhe ohnehin frühzeitig auf den Beinen sein werden. Mittlerweile sind auch die Strecken die wir fahren müssen bedeutend kürzer, so dass wir beschlossen beizeiten nach Uppsala zu fahren. Dort etwas zu frühstücken, die Domkirche anzuschauen. Und dann zu schauen, dass wir beizeiten in Nynäshamn sind, um die Fähre klar zu machen, und evtl. noch abends auf Gotland zu sein.
Wie erwartet waren wir beizeiten auf den Beinen. Raffael machte sich gleich auf zum Duschen. Da es noch sehr früh war (7:00 h) dachte ich mir könnte ich mal so langsam wieder mein Training fortsetzen. Zuerst kochte ich mir noch ein Fläschen Tee für den Tag. Doch als ich aus der Küche kam fielen bereits vereinzelt Tröpfchen vom Himmel. Das war mir dann aber doch zu heiß, da ich mich noch nicht ganz auskuriert fühlte (ich habe gerade eine kleine Erkältung hinter mir, deswegen gab es auch ein zeit lang wenig Meldung von mir – und der Blogeintrag fehlt sowieso; kommt aber vielleicht noch). Und mir dann vorstellte im Regen Duschen zu gehen, wenn unter Umständen schon die ersten Camper ebenfalls auf diesen Gedanken kommen. Also knickte ich wieder mal das Laufen, und ging lieber gleich Duschen. Das war auch tatsächlich ein guter Plan, denn kaum hatte ich geduscht ging auch schon der Sturm auf die Duschen los. Wir kamen wie geplant los, und kaum waren wir unterwegs setzte auch schon der Regen ein, der uns wie in den vergangenen Tagen zu unserem nächsten Ziel trieb. Nach einer kurzen Fahrt über die Autobahn erreichten wir dann auch schon Uppsala. Ein schönes Städtchen. Da würde ich mir sogar vorstellen können für ein Paar Tage einen Städte-Trip hin zu machen.
Wir parkten wie vom Reiseführer empfohlen am Schloss und waren mit wenigen Schritten bei der Domkirche.

Die ist tatsächlich beeindruckend.


Aber die Atmosphäre wurde empfindlich von lautem Staubsaugergeräusch gestört, und einem Opa, der seinem Enkel anscheinend kontinuierlich Kirchengeschichte eintrichterte. Nun gut, davor konnte ich flüchten, der Staubsauger aber war überall. Das scheint jetzt zum Running Gag zu werden. Bereits am Nordcap hatte uns ein Staubsauger verfolgt. Nichtsdestotrotz besichtigten wir die Domkirche intensiv. Aber zu meiner Enttäuschung konnte ich das Grab Carl von Linnès nicht finden, das angeblich in der Domkirche sein soll. Allerdings sind in dem Boden viele Grabplatten eingelassen, die aber fast alle stark abgelaufen und kaum noch lesbar sind. Aber einen deutlicheren Hinweis auf Linnès Grab hätte ich mir schon gewünscht. Immerhin ist Uppsala die Wirkungsstätte Carl von Linnés, und stark vom ihm geprägt.
Dann gingen wir noch eine Runde durch die malerische Innenstadt mit ihrer verträumten Flusspromenade und vielen Brücken und neben läufigen Kanälen.


Dort gönnten wir uns dann auch die lang ersehnte Kaffee-Pause, mit Zimtplunder (Kanelknut) – owwh lecker. Ich glaube wenn ich aus Schweden zurück komme bin ich Zimtschnecken süchtig (wildes winken mit dem Zaunpfahl – Hinweis: Zimtschnecken kann man backen).

Dann noch ein kurzer Spaziergang durch die Fußgängerzone, und dann war es auch schon Zeit für ein bescheidenes Mittagsmahl. Nach einem Hähnchen-Shwarma (Döner) gingen wir dann zügig zum Auto, da Raffael mitlerweile heraus gefunden hatte, dass um 14:40 h eine Fähre fahren würde. Und wir hatten ja immer noch den ehrgeizigen Plan am Abend auf Gotland zu sein.
Die Fahrt nach Nynäshamn Verlief wieder ereignislos und zügig, so dass wir um 10 nach zwei am Fährhafen waren. Allerdings war die Fähre ausgebucht, und wir mussten uns in die Standby-Schlange stellen, wo bereits fünf Fahrzeuge warteten.

Dann ging es auch schon los. Die Fahrzeuge vor uns wurden in die Fähre gewunken, und es sah schon arg dicht aus, aber glücklicherweise haben wir ja einen kleinen, feinen, knuffigen Westentaschenwohnwagen, der problemlos noch gerade so auf die Fähre passte. Und so freuten wir uns, dass uns das Karma immer noch hold war.

Auf der Fähre gab es feste Sitzplätze, mit Tisch und Strom. Also ungefähr so wie im Flieger. Nur mit mehr Platz. Und so konnten wir entspannt auf die Ankunft in Visby auf Gotland warten. Diesmal aber mit dem Wissen, dass wir im Gegensatz zu unserer ersten Fährenfahrt nach Göteborg nicht als erstes sondern als letztes in der Reihe standen. Also hatten wir auch keinen Streß bei der Ankunft und gingen gemütlich zu Auto, wo wir auf den Massenaufbruch warteten. In der Gewissheit als letztes die Fähre zu verlassen. Was aber auch egal war, da wir es ja nicht eilig hatten, und es ja auch noch relativ früh war.
Dann öffnete sich, zu meinem Erstaunen, die Klappe hinter uns. Aber es war auch klar warum, auf der Parallelspur standen die Autos genau in der Gegenrichtung, und konnten so direkt ausfahren. Offensichtlich gab es eine Wendeschleife. Doch dann zeigte sich, dass wir tatsächlich einfach noch in die Fähre rein gestopft worden sind. Denn wir mussten rückwärts raus fahren. Das war zwar ein bisschen blöd mit dem Wohnwagen. Aber auf diese Art und Weise waren wir wieder unter den ersten, die ausfahren durften. Die letzten werden die ersten sein *zwinkerzwinker*. Berauscht vom Karma machten wir uns gleich auf zum Terminal, um – aus unseren Fehlern gelernt – gleich die Rückfahrt zu buchen. Samstag wollten wir gleich unsere Tour durch den Süden Schwedens fortsetzen. Tja, aber das Karma – die alte Socke – hält halt ab und zu kleine Rosinen für einen bereit. Damit uns nicht zu langweilig wird hat es sich überlegt alle Fähren – und es fahren drei Linien täglich, zu sechs Zeitpunkten – bis nächste Woche Mittwoch ausgebucht sein zu lassen. Das war nun ein kleiner Wermutstropfen.
Wir erörterten mit der Dame am Schalter unserer Optionen. Und fanden heraus. Die nächste freie Fähre fährt nächsten Dienstag. Aber da passt kein Wohnwagen mehr rein. Mit Wohnwagen geht erst wieder Mittwoch. Wir können natürlich wieder versuchen auf Standby früher mit zu kommen. Aber wenn nicht haben wir ein Problem, wenn die Fähre Mittwoch auch wieder ausgebucht sein sollte. Es gibt einen Felxitarif. Das bedeutet man bucht die Fahrt, und wenn man sie nicht antreten will bekommt man einen Teil des Fahrpreises zurück. Da aber ca. 90 EUR an gebühren dabei anfielen war das nicht unsere favorisiert Option. Die Idee war wir buchen für Mittwoch, und versuchen trotzdem früher per Standby auf die Fähre zu kommen. Da das heute so problemlos geklappt hatte haben wir da beste Hoffnung. Aber der Teufel ist ja bekanntlich ein Eichhörnchen.
Dann gab es aber eine Option, die wir nun auch für uns entdeckt haben. Wir konnten die Fahrt für Mittwoch reservieren, und müssen erst Sonntag bezahlen. D.h. dann aber auch, wenn wir bis Sonntag keine Fahrt mit Standby ergattern können dürfen wir bis Mittwoch Gotland genießen. Zugegeben, das ist gar nicht mal die schlechteste Option, da Gotland möglicherweise das Juwel unserer Tour wird. Hier ist es sehr trocken und sonnig. Es gibt Meer und Strand, Kultur und Landschaft und massenhaft Geschichte. Sogar einen Vergnügungspark gibt es hier (der mit dem Original-Pippi-Langstrumpf-Haus aus dem Film) – aber der spricht uns gar nicht an.
So sind wir nun sozusagen am Strand gestrandet. Aber mit Optionen. Und das Karma kann uns dann doch noch ganz gut leiden, denn als wir das mit den ganzen ausgebuchten Fähren hörten hatten wir schon arge Bedenken was die Belegung der Campingplätze angeht. Die hier auch nicht all zu üppig gestreut sind. Aber auf dem Campingplatz, den wir uns bereits gestern ausgesucht hatten, bekamen wir dann auch sofort einen Platz. Und diesmal mit Strom. Auf dem Campingplatz gibt es nur Plätze mit Strom.

Und auch unsere Bedenken, da wir unter Umständen ab Donnerstag immer erst abends wissen ob wir noch einen weiteren Tag bleiben, konnten die Damen an der Rezeption zerstreuen. Genau wie wir bereits vermuteten, da wir auf der Fähre kaum Wohnwagen gesehen hatten, wird es wohl nicht zu einem plötzlichen Camperansturm kommen. Also können wir uns schön in den Standby stellen, und wenn es nicht klappt bekommen wir sicher auch wieder einen Stellplatz. Das Karma hat einen Heidenspaß mit uns.